Ausgabe vom Donnerstag, 13. Juli 2000

Internetpioniere: BLST Schweizerindex AG in Dallenwil

Die Nadel im Heuhaufen finden

Das «Silicon Valley» ist heute überall, auch in Dallenwil im Engelberger Tal. Dort bietet die BLST Schweizerindex AG das richtige Rezept für Logenplätze im Internet.

Von Pirmin Schilliger

Ein Branchenverzeichnis im Internet, ganz ähnlich wie die Gelben Seiten im Telefonbuch. Mit dieser Idee gründete Roman Lütolf (43) Anfang 1999 die BLST Schweizerindex AG in Dallenwil. Doch damit ging er für seine ersten Kunden, die er gewinnen konnte, bereits einen Schritt zu weit. Denn sehr viele verfügten noch gar nicht über einen eigenen Webauftritt. Notgedrungen sorgte Lütolf selber für Abhilfe. Heute können bei ihm Firmen bereits für 600 Fr. eine bescheidene Homepage einrichten lassen. Mehrseitige und individueller gestaltete Auftritte kosten mehr.

Nadel im Heuhaufen finden

Die BLST agiert so als elektronische Werbeagentur und versteht sich als eine günstige Auffahrrampe für kleine und mittlere Unternehmen (KMU ) ins weltweite Netz. Unter dem Branchenverzeichnis www.schweizerindex.ch können inzwischen über 450 Firmen abgerufen und über Links auf ihrer eigenen Homepage besucht werden.
Doch Lütolf wäre nicht Lütolf, wenn er es beim blossen Auftritt bewenden liesse. «Es genügt nicht, einfach im Internet zu sein», erklärt er. Vielmehr geht es darum, dass die berühmte Nadel im Heuhaufen gefunden wird. «Dafür tun wir alles», sagt er. Die Kunden können bis zu 300 Stichworte ins Internet einspeisen. Diese meldet Lütolf täglich bei 110, wöchentlich bei 440 und monatlich bei 1780 Suchmaschinen an. Diese inflationäre Anmelderei erhöht die Chancen, dass seine Kunden auf den endlosen Trefferlisten möglichst schon auf der ersten Seite aufscheinen.

Suchmaschinen überlisten

Wir machen in Dallenwil am Computer gleich die Probe aufs Exempel. Wir tippen den Suchbegriff «Forelle blau» ein. Und tatsächlich: Auf der Suchmaschine sear.ch von Blue Window erscheint an neunter Stelle das Gasthaus Grafenort, einer von Lütolfs Kunden. Nicht schlecht, dieser neunte Platz, sind doch 13 789 Eintragungen unter «Forelle blau» aufgelistet.
Zwar erleichtern Softwareprogramme bei diesem Kampf um Topklassierungen Lütolf die Arbeit. Aber der Tüftler verbringt Nächte damit, um dem Charakter der Suchmaschinen auf die Schliche zu kommen. Nur so kann er deren Schwächen übertölpeln und Stärken ausnützen. Mancher «Netizen» mag sich wundern, warum er beim Surfen immer wieder bei einem Baugeschäft in Wolhusen oder einem Steinbruch in Stansstad landet, wo er doch weiss Gott nicht danach gesucht hat. «Wir sind auf den Suchmaschinen schon fast ein Virus», meint Lütolf Zur ewigen Anmelderei kommt als weiterer Multiplikator-Effekt hinzu, dass er sein Branchenverzeichnis unter 34 verschiedenen Adressen ins Web wirft. Während sich Schweizerindex-Kunden über ihre fast schon penetrante Präsenz freuen, ärgern sich die Surfer. Denn beim Wühlen im Heuhaufen stechen sie sich an Nadeln, nach denen sie gar nie gesucht haben. Gegen solchen Ärger bietet Lütolf auf seiner Homepage manch tröstliches Zückerchen. Unter «Webindex» sind hier über 5200 Webadressen aufgelistet, nach Kategorien geordnet.
Eine Navigationsplattform präsentiert sich da, eine virtuelle Kreuzung, von welcher in alle Richtungen aus- geschwärmt werden kann. Im letzten Monat wurde schweizerindex.ch über 140 000-mal angeklickt ­ auf der Hitparade der beliebtesten Webseiten in der Schweiz Rang 25. Damit ist die Website attraktiv für Bannerwerbung. Dieses Geschäft hat Lütolf an die Relamedia AG delegiert. Es ist noch längst nicht ausgereizt, denn nur 10% der Einnahmen werden damit erzielt. 90% liefern die im Branchenverzeichnis aufgeführten Kunden.

Erfahrener Verkäufer

Die Strategie, nach welcher die Internetfirma in Dallenwil funktioniert, verrät den versierten Verkäufer. Tatsächlich war Lütolf zehn Jahre lang bei der Ascom im Aussendienst. Er verkaufte Telefone, Handys, Gegensprech- und Videoanlagen. Vor ein paar Jahren holte er sich bei einem Webmasterkurs das technische Rüstzeug fürs Internet. Beim Firmenstart liess er seine guten Kontakte zur Telekommunikationsbranche spielen. So besorgt die Swisscom das Hosting seiner Webseiten.
18 bis 20 Stunden setzt Workaholic Lütolf für seine Firma täglich ein. Er wohnt direkt neben den Büroräumen im selben Haus. Privatleben und Geschäft sind längst verschmolzen. Freizeit ist ein Fremdwort geworden, ausser dass er am Fernsehen kein Formel-1-Rennen verpasst. Zurückstecken muss seine Freundin, die aber Verständnis hat. Schliesslich bildet sie zusammen mit zwei Geschwistern Lütolfs in dieser Familien AG den Verwaltungsrat. Lütolfs Bruder, ein Betriebsökonom, ist in einem Nebenjob für das Rechnungswesen und die Finanzen verantwortlich. Ansonsten funktioniert die Nidwaldner Internetfirma als schlanker 5-Personen-Betrieb.
Die meiste Arbeit müsse an der Front geleistet werden, sagt Lütolf. Dort, wo das abstrakte Internetbusiness zum normalen Verkaufsgespräch werde. Der Chef legt Wert darauf, dass seine Aussendienstler gute Berater sind. Sie sollen keine falsche Erwartungen wecken. «Sonst muss ich mich mit verärgerten Kunden herumschlagen, die geglaubt haben, sie könnten über Nacht mit einem Internetauftritt Millionär werden.»

In der Gewinnzone

Millionär ist Lütolf selber, der vor Jahren auch schon mit einer Go-Kart-Bahn Unternehmergeist geschnuppert hatte, bis jetzt noch nicht geworden. Aber schon im ersten Jahr konnte die Firma schwarze Zahlen schreiben. Schritt für Schritt möchte Lütolf nun wachsen und demnächst auch im Tessin und in der Westschweiz Fuss zu fassen. Das würde dann bedingen, dass die Seiten in drei Sprachen abgerufen werden können. Spätestens dann muss Lütolf auch seinen Innendienst, wo er bisher mehr oder weniger «Alleinunterhalter» spielte, personell aufzustocken.